Molsberger Gespräche mit Dr. Stefan Nehring, BfN Bonn

Mit großem Interesse verfolgten über 40 Besucher die diesjährigen Molsberger Gespräche, zu denen die Will und Liselott Masgeik-Stiftung traditionell eingeladen hatte. Hella Weigand vom Stiftungsvorstand begrüßte Vertreter aus dem Naturschutz, dem Forst, der Jagd, den Behörden und viele interessierte Bürgerinnen und Bürger. Einmal mehr war es der Stiftung gelungen, mit Dr. Stefan Nehring vom Bundesamt für Naturschutz aus Bonn einen hochkarätigen Referenten für die Molsberger Gespräche gewonnen zu haben. Sein spannender und bunt illustrierter Vortrag handelte über die gebietsfremden Tier- und Pflanzenarten in unserer Natur. Ein Phänomen, das in Deutschland zunehmend Beachtung findet und zumindest teilweise für kontroverse Diskussionen sorgt. So ging Nehring zunächst auf verschiedene Grundlagen und Begrifflichkeiten des durchaus komplexen Themas ein. So muss zwischen gebietsfremden Tierarten, den Neozoen bzw. Pflanzen, den Neophyten, die absichtlich oder versehentlich vom Menschen außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets freigesetzt werden,  von eigenständig zugewanderten Arten unterschieden werden. Stammen die Neobiota in der Regel aus Übersee und würden Mitteleuropa ohne die Hilfe des Menschen nie erreichen, breiten sich vor allem südeuropäische Arten durch natürliche Arealerweiterung, teilweise unterstützt durch den Klimawandel, Richtung Norden aus. Die Verschleppung von Arten durch den Menschen ist kein neues Phänomen. Spätestens seit der Entdeckung Amerikas 1492 durch Kolumbus startete der weltweite Handel. Früh wurden bewusst alle möglichen exotischen Arten für Tierparks und botanische Gärten importiert. Auch in der Forst- und Landwirtschaft wurden schon in der Vergangenheit viele nicht heimische Arten kultiviert. Den größten Effekt hierbei hatte aber mit Abstand die zunehmende und bis heute anhaltende Globalisierung. Durch den globalen Handel und Warentransport bzw. dem weltumspannenden Tourismus werden immer mehr Arten rund um den Globus verfrachtet und tauchen durch Freisetzung oder Verwilderung in unserer Natur auf. So sind heute in Deutschland über 430 gebietsfremde Gefäßpflanzenarten etabliert, die schon rund 11% unserer gesamten Gefäßpflanzenflora ausmachen. Auch über 300 wirbellose Tierarten und allein 36 Wirbeltierarten, wie z..B. Waschbär, Nutria, Marderhund, Nil- und Kanadagans und viele mehr haben sich aus fernen Ländern in Deutschland etabliert. Sie stammen oft aus klimatisch ähnlichen Vegetationszonen, wie Nordamerika und Südostasien. Während sich die Etablierung vom Erstnachweis bis zur großräumigen Ausbreitung bei den Pflanzen bislang oft langsam über mehrere Jahrhunderte hinzieht, breiten sich vor allem hochmobile Tierarten, wie Vögel, Krebse oder auch Insekten oft innerhalb weniger Jahre oder Jahrzehnte in ganz Deutschland aus. Der Klimawandel wird aber, wie aktuelle Modellierungen zeigen, diesen Effekt speziell bei den Pflanzen deutlich beschleunigen. Problematisch wird dies vor allem dann, wenn die gebietsfremden Arten, sogenannte invasive Arten, die heimischen Arten verdrängen oder ganze Lebensgemeinschaften negativ beeinflussen. Ein unwiederbringlicher Verlust der biologischen Vielfalt wäre die Folge. Seit 1992 mit Verabschiedung der Biodiversitätskonvention ist das Problem erkannt, jedoch die Lösung, wie Nehring hervorhob, ein längerer Prozess. Ein erster wichtiger Schritt war die Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes im Jahr 2009, als erste Maßnahmen gegen gebietsfremde Arten festgeschrieben wurden. Das Problem der Bioinvasionen konnte damit aber aus Naturschutzsicht noch nicht zufriedenstellend gelöst werden. Erst eine entsprechende EU-Verordnung im Jahr 2014 mit der Auflistung von bislang 88 invasiven Arten von unionsweiter Bedeutung brachte entscheidende Veränderungen und ein tiefgreifenderes Bewusstsein für die Probleme auch auf wirtschaftlicher Ebene. Die Handlungsmaxime lautet Vorsorge durch umfassende Handels- und Besitzverbote aller invasiven Unionslistearten verbunden mit einer effizienten Früherkennung und Umsetzung von Sofortmaßnahmen, sollten neue invasive Arten in unserer Umwelt auftauchen. Noch ist aber die Gefährdung der biologischen Vielfalt durch gebietsfremde Arten nicht abgewehrt. Hier bedarf es, wie Nehring abschließend resümierte, auch die Anstrengung eines Jeden von uns, die Verbote hinsichtlich Besitz von invasiven Arten ernst zu nehmen und keine gebietsfremden Arten freizulassen oder in der Natur zu entsorgen. Begeistert von dem fachlich fundierten und sogleich verständlich vorgebrachten Vortrag des Referenten entstand im Anschluss daran eine rege Diskussion, die sich ähnlich facettenreich entwickelte wie das komplexe Thema des Abends. So dankten Hella Weigand und Philipp Schiefenhövel von der Stiftung abschließend Herrn Dr. Nehring für seinen gelungenen Vortrag und allen Teilnehmern für ihr Kommen und die rege Beteiligung.  


Hella Weigand (Vorstandsmitglied Masgeik-Stiftung), Dr. Stefan Nehring (Referent des Abend, BfN, Bonn) und Philipp Schiefenhövel (Referent Masgeik-Stiftung)


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